Videospiele mit verbotenen Shirk-Inhalten: Eine islamisch-rechtliche Betrachtung

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Videospiele mit verbotenen Shirk-Inhalten: Eine islamisch-rechtliche Betrachtung

Frage: Ist das Spielen von Computerspielen mit Shirk verboten oder sogar selbst Shirk und Unglaube?

Konsens über das Verbot

Dass diese Spiele verboten sind, darüber streitet man in der Regel nicht. Es gibt einen breiten Konsens unter den zeitgenössischen Gelehrten. In der internationalen islamischen Fiqh-Akademie مجمع الفقه الإسلامي الدولي kamen alle Teilnehmer zu dem Entschluss, dass Spiele mit verbotenen Inhalten wie Shirk nicht erlaubt seien.

Die Frage nach Kufr

Ob das Spielen dieser Spiele jedoch bis zum Kufr reicht, ist eher fragwürdig. Wir müssen zwischen Realität und Fiktion bzw. Simulation unterscheiden.

Der Shirk ist ein subjektiver Akt eines intendierenden Subjekts, mit einer konkreten inneren Haltung. Bei einem Schauspiel oder einer Simulation handelt es sich eher um die حكاية (Hikaya); entweder حكاية القول (Hikaya al-Qaul) oder حكاية الفعل (Hikaya al-Fi’l).

Das Prinzip der Hikaya (Nacherzählung/Wiedergabe)

Dieses Prinzip ist eine häufig zitierte Maxime in der Rechts- und Theologieliteratur. Sie gilt sowohl für Aussagen/Zustände, die in oder aus dem Islam führen könnten.

Al-Imam al-Allama Muhyiddin an-Nawawi sagt:

يقول الإمام النووي رحمه الله: “من نقل الشهادتين حكايةً بأنْ يقول: سمعت فلاناً يقول: لا إله إلا الله، محمد رسول الله، فهذا لا يصير مسلماً بلا خلاف؛ لأنه حاكٍ، كما لا يصير المسلم كافراً بحكايته الكفر” [المجموع 3/ 99].

„Wer die beiden Schahādāt nur erzählerisch wiedergibt, etwa indem er sagt: Ich hörte X sagen: ›Lā ilāha illā Llāh, Muḥammadun rasūlu Llāh‹, der wird dadurch unstreitig nicht Muslim; denn er ist lediglich ein Wiedergebender (ḥākī). Ebenso wenig wird ein Muslim durch das bloße Nacherzählen von Worten des Unglaubens zum Ungläubigen.” (al-Maǧmūʿ, Band 3, S. 99)

Rechtliche Parallelen

Das Spiel ist eine Simulation (حكاية) eines fiktiven Wesens, das nicht die spielende Person ist. Um das zu verstehen, können wir rechtliche Parallelen ziehen, die entweder ganzheitlich und konsequent angewandt werden müssen oder gänzlich ausgelassen werden.

Diebstahl, Unzucht, Alkoholkonsum und ähnliche verbotene und strafrechtlich sanktionierte Handlungen haben, wenn sie im Spiel umgesetzt werden, keinerlei strafrechtliche Konsequenzen, da es sich nicht um faktischen objektiven Diebstahl etc. handelt.

Die Meinung von Shaikh al-Uthaimin

As-Shaikh al-Uthaimin äußerte sich zu einem ähnlichen Thema. Er wurde gefragt, was das Urteil darüber sei, im Schauspiel die Rolle eines Ungläubigen zu übernehmen. Seine Antwort kann auch in unserem Fall maßgeblich sein:

„Wir sind der Auffassung, dass dies nicht erlaubt ist, doch er wird dadurch nicht ungläubig.”

[Quelle: https://alathar.net/home/esound/index.php?op=codevi&coid=49642]

Ebenfalls heißt es in seinem Tafsir:

„Ist es zulässig, ein Gleichnis durch Handlung – also das, was man Schauspiel nennt – zu veranschaulichen? Die Antwort lautet: Ja, das ist zulässig, jedoch unter der Bedingung, dass es nichts Verbotenes enthält. Lassen wir uns Beispiele für verbotene Dinge im Schauspiel geben – er nannte einige davon, darunter: dass die Darstellung die Rolle eines Ungläubigen oder Frevlers einschließt … Doch wenn er es täte – wäre er dann ungläubig? Die Antwort: Nein, er wird nicht ungläubig, denn dieser Mann schreibt den Unglauben nicht sich selbst zu, sondern stellt lediglich eine Person dar, die ihn sich zuschreibt; so wie einer, der einen Mann spielt, der seine Frau geschieden hat – die Frau des Schauspielers gilt dadurch nicht als geschieden.

Manche Leute meinen, wer auf der Bühne die Rolle eines Ungläubigen übernimmt, verfalle selbst dem Unglauben, trete aus dem Islam aus und müsse anschließend seine Schahāda erneuern. Zur Begründung berufen sie sich auf Koranverse und Aussagen von Gelehrten.

Sie führen die Worte des Erhabenen an:

„Und wenn du sie fragst, sagen sie gewiss: ›Wir haben nur geredet und gescherzt.‹ Sprich: ›Wolltet ihr euch etwa über Allah, Seine Zeichen und Seinen Gesandten lustig machen? Entschuldigt euch nicht! Ihr seid nach eurem (einstigen) Glauben zu Ungläubigen geworden.‹” (Sure at-Tawba 9:65–66)

Diese Leute behaupten also, sie „plauderten nur und unterhielten sich”, um sich die Zeit zu vertreiben. Gelehrte sagen: Wer das Wort des Unglaubens äußert – selbst im Scherz – verfällt dem Kufr. Damit verweisen sie auf den Schauspieler, der angeblich nur spaße und es nicht ernst meine.

Der entscheidende Unterschied

„Der Prophet ﷺ sagte:

›Drei Dinge sind ernst, ob man sie ernst meint oder scherzhaft äußert: Eheschließung, Scheidung und Wiederaufnahme der Ehe.‹

Spräche also ein Mann zu seiner Frau spaßeshalber: ‚Du bist geschieden’, wäre die Scheidung wirksam.

Frage: Würdet ihr behaupten, die Ehefrau eines Schauspielers sei geschieden, wenn er auf der Bühne einen Mann mimt, der sich von seiner Frau scheiden lässt?

Antwort: Nein – darin sind wir uns alle einig.”

Der Unterschied ist deutlich: Der Scherzende schreibt die Handlung sich selbst zu, der Schauspieler schreibt sie einer anderen Person zu … Doch ich bin aus einem anderen Grund der Ansicht, dass es nicht zulässig ist: Es könnte nämlich sein, dass sein Herz in Zukunft beeinflusst wird, wenn er sich erinnert, einst die Rolle eines Ungläubigen gespielt zu haben. Außerdem könnte er damit verspottet werden, indem man ihn etwa ruft: ‚Wo ist Abū Dschahl?’, wenn er dessen Rolle gespielt hat.

[Quelle: https://alathar.net/home/esound/index.php?op=codevi&coid=92913]

Schlussfolgerung

Wenn man selbst bei körperlichem Schauspiel keinen Kufr feststellt, ist ein rein digitales Rollenspiel erst recht kein Schirk.

Derjenige, der Kufr wiedergibt, wird dadurch selbst kein Kāfir. Dasselbe gilt für das Vorspielen von Kufr.

Ein ähnliches Ergebnis ist auf dem Fatwa-Portal islamqa zu finden:

ولكن إن سلم الإنسان من اعتقاد ما بها من شرك ، وكان قلبه مطمئنا بتوحيد الله ، وتفرده بذلك: فإنه لا يكون مشركا ، بل يكون مرتكبا للحرام . وقد سبق أن بينا أن وجود مشاهد شركية في اللعبة لا يقتضي بمجرده كفر لاعبها ، ما دام لا يعتقد هذه العقائد الباطلة

Doch wenn ein Mensch davor bewahrt bleibt, den darin enthaltenen Götzendienst zu glauben, und sein Herz im Tauḥīd Allahs und dessen Einzigkeit Ruhe findet, so wird er dadurch nicht zum Polytheisten, sondern begeht lediglich eine verbotene Handlung.

Wir haben bereits erläutert, dass die bloße Existenz polytheistischer Szenen in einem Spiel allein nicht den Unglauben (Kufr) des Spielenden nach sich zieht, solange er diese falschen Glaubensvorstellungen nicht verinnerlicht.

Quelle: https://islamqa.info/ar/answers/243131/

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