Scheinargumente über Abū Huraira

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Scheinargumente über Abū Huraira

Eine wissenschaftliche Betrachtung der Überlieferungstradition

Die ursprüngliche Frage

As-salāmu ʿalaikum,

ich wollte fragen: Weiß der Daddschāl, dass er der Daddschāl ist? Ist er sozusagen „vorprogrammiert"? Wie wird seine Abrechnung am Jüngsten Tag aussehen?

Stimmt es außerdem, dass Abū Huraira einen jüdischen Gelehrten als Lehrer hatte und dass er möglicherweise viele Isrāʾīliyyāt überliefert hat? Und ist es wahr, dass ʿUmar (raḍiya-llāhu ʿanhu) ihn deswegen fast vertrieben hätte, weil er so viel überlieferte – also dass er übertrieb?

Möge Allāh mit ihnen allen zufrieden sein. Āmīn.

Bāraka-llāhu fīk.

Abū Huraira - Der große Überlieferer

Abū Huraira ist in der Ḥadīṯ-Tradition dafür bekannt, die meisten Aḥādīṯ aller Gefährten überliefert zu haben; etwa 5.374 prophetische Aussagen gehen auf ihn zurück. Zwar trat er erst im Jahr 7 n. H. zum Islām über, doch widmete er sich von da an ausschließlich der Begleitung des Gesandten. Er betrieb weder Handel noch Landwirtschaft und bekleidete keine Ämter, die ihn hätten ablenken können.

عن أبي هريرة أنه قال: «ما من أصحاب النبي ﷺ أحد أكثر حديثًا عنه مني، إلا ما كان من عبد الله بن عمرو؛ فإنه كان يكتب ولا أكتب.»

Er sagte über sich selbst: „Niemand von den Gefährten hat mehr Ḥadīṯe bewahrt als ich – außer ʿAbdullāh b. ʿAmr, denn er schrieb, während ich nicht schrieb." (al-Buḫārī)

Ebenfalls deutet sein Dialog mit ʿĀʾischa darauf hin:

عَنْ إِسْحَاقَ بْنِ سَعِيدٍ، عَنْ أَبِيهِ، قَالَ:
دَخَلَ أَبُو هُرَيْرَةَ عَلَى عَائِشَةَ، فَقَالَتْ لَهُ: أَكْثَرْتَ يَا أَبَا هُرَيْرَةَ عَنْ رَسُولِ اللهِ.
قَالَ: إِي، وَاللَّهِ يَا أُمَّهُ، مَا كَانَتْ تَشْغَلُنِي عَنْهُ الْمِرْآةُ وَلَا الْمُكْحُلَةُ وَلَا الدُّهْنُ.
قَالَتْ: لَعَلَّهُ …

Umm al-Muʾminīn ʿĀʾischa sprach ihn eines Tages an: „Abū Huraira, du erzählst aber sehr viel vom Gesandten Allāhs!"

Abū Huraira entgegnete: „Ja, bei Allāh, o Mutter der Gläubigen – der Spiegel, der Kajalstift und das Öl haben mich nicht vom Propheten abgelenkt."

Sie erwiderte: „Möglicherweise."

Seine Überlieferungen umfassen nicht nur eigene Erlebnisse, sondern auch Berichte, die er nachträglich von älteren Gefährten lernte (z. B. von ʿĀʾischa oder ʿUmar), die er dann mit der Formel „Der Gesandte Allāhs sagte …" weitergab.

Dieses „Tadlīs" (Auslassen des unmittelbaren Gewährsmannes) war unter den Ṣaḥāba nicht unüblich und stellt keinen Makel dar. Wenn ein Ṣaḥābī bei der Überlieferung einen anderen Ṣaḥābī auslässt, ist das kein Problem – alle Gefährten sind vertrauenswürdig.

Abu Huraira und Isrā'īliyyāt

Der Vorwurf, er habe viele Isrāʾīliyyāt – Erzählungen aus jüdischen und christlichen Quellen – unkritisch übernommen und verbreitet, ist nicht haltbar.

Tatsächlich ist bekannt, dass Abū Huraira Kontakt zu Kaʿb al-Aḥbār hatte, einem jüdischen Gelehrten, der zum Islām konvertierte. Wichtig ist: Abū Huraira unterscheidet in seinen Berichten klar zwischen prophetischen Aussagen und den Erzählungen von Gelehrten wie Kaʿb.

In al-Muwaṭṭaʾ ist beispielsweise eine Begegnung überliefert, bei der Abū Huraira am Berg Sinai (aṭ-Ṭūr) mit Kaʿb zusammensaß:

مَالِكٌ ، عَنْ يَزِيدَ بْنِ عَبْدِ اللهِ بْنِ الْهَادِيِّ ، عَنْ مُحَمَّدِ بْنِ إِبْرَاهِيمَ بْنِ الْحَارِثِ التَّيْمِيِّ ، عَنْ أَبِي سَلَمَةَ بْنِ عَبْدِ الرَّحْمنِ ، عَنْ أَبِي هُرَيْرَةَ ؛ أَنَّهُ قَالَ: خَرَجْتُ إِلَى الطُّورِ، فَلَقِيتُ كَعْبَ الْأَحْبَارِ. فَجَلَسْتُ مَعَهُ. فَحَدَّثَنِي عَنِ التَّوْرَاةِ، وَحَدَّثْتُهُ عَنْ رَسُولِ اللهِ صلى الله عليه وسلم. فَكَانَ فِيمَا حَدَّثْتُهُ، أَنْ قُلْتُ: قَالَ رَسُولُ اللهِ صلى الله عليه وسلم: «خَيْرُ يَوْمٍ طَلَعَتْ عَلَيْهِ الشَّمْسُ، يَوْمُ الْجُمُعَةِ. فِيهِ خُلِقَ آدَمُ. وَفِيهِ أُهْبِطَ. وَفِيهِ تِيبَ عَلَيْهِ. وَفِيهِ مَاتَ. وَفِيهِ تَقُومُ السَّاعَةُ. وَمَا مِنْ دَابَّةٍ إِلَاّ وَهِيَ مُصِيخَةٌ يَوْمَ الْجُمُعَةِ، مِنْ حِينِ تُصْبِحُ حَتَّى تَطْلُعَ الشَّمْسُ، شَفَقاً مِنَ السَّاعَةِ. إِلَاّ الْجِنَّ وَالْإِنْسَ. وَفِيهَا سَاعَةٌ لَا يُصَادِفُهَا عَبْدٌ مُسْلِمٌ وَهُوَ يُصَلِّي، يَسْأَلُ اللهَ شَيْئاً إِلَاّ أَعْطَاهُ اللهُ إِيَّاهُ»

Dieses Beispiel zeigt: Abū Huraira war keineswegs naiv gegenüber Kaʿb al-Aḥbār, sondern trat vielmehr selbst als Lehrender auf, der Prophetentradition an einen Konvertiten weitergab. Wo er Erzählungen von Kaʿb wiedergibt, kennzeichnet er sie als solche und vermengt sie nicht mit Aussagen des Propheten.

Viele andere Gefährten bestätigten seine Überlieferungen. So war es üblich, dass Abū Huraira nach dem Tod des Propheten vor der Wohnung von ʿĀʾischa, der Mutter der Gläubigen, Ḥadīṯe erzählte – und anschließend rief: „O Bewohnerin der Kammer (ʿĀʾischa)! Missbilligst du irgendetwas von dem, was ich gesagt habe?" ʿĀʾischa schwieg nie aus Protest, sondern bestätigte den Inhalt stillschweigend. Lediglich einmal bemerkte sie: „Der Prophet hätte die Worte nicht in diesem Galopp aneinandergereiht wie du." Damit spielte sie auf Abū Hurairas schnelles bzw. kontinuierliches Erzählen an.

Weder ʿĀʾischa noch ein anderer angesehener Ṣaḥābī beschuldigten Abū Huraira je der Lüge.

ʿUmar und Abu Huraira

Ja, ʿUmar ermahnte Abū Huraira, die Tradierung von Ḥadīṯen zu begrenzen – jedoch nicht, weil er „übertrieb", sondern weil es zur allgemeinen Politik ʿUmars gehörte. Er wollte verhindern, dass neben dem Qurʾān unbedacht zu viele Ḥadīṯe verbreitet werden, um Verfälschungen vorzubeugen.

ʿUmar mahnte alle Gefährten zur Sorgfalt, ließ sich Berichte häufig von mehreren bezeugen und ermunterte die Ṣaḥāba, den Qurʾān stärker zu lehren. Diese Zurückhaltung darf nicht als Misstrauen gegenüber Abū Huraira missverstanden werden.

Im Gegenteil: ʿUmar schätzte Abū Huraira. Er setzte ihn als Gouverneur ein – ein großer Vertrauensbeweis. Nach dessen Amtszeit in Bahrain prüfte ʿUmar zwar pflichtgemäß die Abrechnungen, erkannte jedoch seine Ehrlichkeit an und wollte ihn sogar erneut als Verwalter einsetzen; Abū Huraira lehnte eine weitere Amtszeit jedoch ab.

In authentischen Ḥadīṯ-Werken finden sich keine Berichte, dass ʿUmar Abū Huraira der Lüge bezichtigte oder ihm ein generelles Ḥadīṯ-Verbot erteilte.

Die zuverlässigsten Überlieferungsketten

Zu den drei robustesten Isnād-Linien von Abū Huraira gehören:

  1. az-Zuhrī – Saʿīd b. al-Musaiyyib – Abū Huraira
  2. Abū ʾz-Zinād – al-Aʿraǧ – Abū Huraira
  3. Ibn ʿAwn – Muḥammad b. Sīrīn – Abū Huraira

Diese Ketten gelten als „golden" und gewährleisten, dass viele seiner Ḥadīṯe mehrfach und unabhängig überliefert wurden.

Hinzu kommt, dass, wenn man doppelte sowie unauthentische Überlieferungen abzieht, die Zahl der tatsächlich auf Abū Huraira zurückgehenden Berichte deutlich geringer ausfällt. Es gibt daher weder eine „Übertreibung" noch hat Abū Huraira Isrāʾīliyyāt dem Propheten zugeschrieben.

Zum Thema Daddschāl

Die Frage nach dem „Programmiert-Sein" des Daddschāl ist eigentümlich. Meinst du, er habe keinen freien Willen und folge bloß naturgesetzlich einem festgelegten Ablauf? Eine solche Frage ist entweder überflüssig oder verweist auf tieferliegende Missverständnisse hinsichtlich qaḍāʾ und qadar.

Weiß ein Tyrann oder ein Pharao, dass er ein solcher ist? Gewiss hat er ein Bewusstsein für sein Tun, gleichgültig, wie er es bezeichnet.

Ob der Daddschāl „vorprogrammiert" ist, ließe sich auf jedes vernunftbegabte Wesen übertragen, denn jeder Mensch ist verantwortungsfähig und unterliegt denselben Gesetzen der göttlichen Fügung.

Jedenfalls wird der Daddschāl ungläubig sein. Der Gesandte Allāhs sagte:

ما بعث الله من نبي إلا أنذر قومه الأعور الكذاب، إنه أعور، وإن ربكم ليس بأعور، مكتوب بين عينيه كافر

„Kein Prophet wurde von Allāh entsandt, ohne dass er sein Volk vor dem einäugigen Lügner gewarnt hätte. Wahrlich, er ist einäugig, während euer Herr nicht einäugig ist. Zwischen seinen Augen steht ›Kāfir‹ (Ungläubiger) geschrieben."

Überliefert von Anas b. Mālik; bei al-Buḫārī, Ṣaḥīḥ al-Buḫārī.

Ungläubig kann nur sein, wer rechtlich zurechnungsfähig ist – in actu oder in potentia.

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